Die Chemie des Färbens
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Puh…
Da wollte ich mich nur mal kurz mir den Chemikalien beschäftigen, die während der Verarbeitung eines Stoffes bis zum fertigen Kleidungsstück genutzt werden. Es geht also um die Vorbehandlung von Stoffen, den Färbeprozessen und die Veredelungsprozesse. Ich fand bei einem Lieferanten für textile Ausrüstungen (ja, so heißt das) eine Produktliste mit den verschiedenen Mitteln, die helfen sollen unsere Kleidung noch besser zu machen.

Die Liste ist 23 Seiten lang, wenn man das Inhaltsverzeichnis und die Infoseite weglässt. Also 23 Seiten wo Zeile für Zeile Chemikalien aufgezählt werden, mit denen Textilien ‘aufgewertet’ werden, oder schlicht für die Produktionsabläufe nötig sind.
Ich möchte euch gerne ein paar aufzählen. Ich nehme dabei nicht den Produktnamen sondern einen Allgemeinen Fachausdruck um den Hersteller nicht an die Wand zu stellen. Die Firma, bei der ich die Liste fand, ist lange nicht die einzige und auch nicht marktführend.
In meinem Artikel ‘Der Chemiebaukasten der Textilindustrie‘ gehe ich sehr stark auf die Umwelt und gesundheitlichen Schäden ein. Hier versuche ich einmal ganz objektiv aufzuzählen, was in der Kleidung drin ist.

Färben mit natürlichen Mitteln. © pixabay.com

Mittel zur Vorbehandlung:

  • Bleichmittel: Enthalten teilweise Phosphate, Chlor und anorganische Salze.
  • Mercerisier- und Laugiermittel: höherer Glanz und bessere Farbaufnahme.
  • Schlichte-mittel: erhöhen die Reißfestigkeit und Strapazierfähigkeit der Garne, damit sie nicht schon beim nähen reißen. Enthalten meistens Öle und Fette, aber auch Polyvenyle.
  • Entschlichtungsmittel: Da es beim Färben stört, muss es wieder raus. Mit Tensiden (Seife) oder Enzymen.
  • Optische Aufheller: Also oberflächlich Weiß. Damit man es wieder Bunt färben kann.

Mittel zum Färben und Drucken:

  • Farbstoff-Lösemittel: Löst vorhandene Farben an der Oberfläche auf.
  • Dispergiermittel: Verbindet wie ein Emulgator verschiedene Farben, die sich sonst nicht verbinden.
  • Schutzkolloide: verhindert Verklumpen/Ausflocken von Färbemitteln.
  • Färberei-Netzmittel: für gleichmäßige Farbaufnahme.
  • Entlüftungsmittel: Verringern die Schaumbildung beim Färben.
  • Egalisiermittel: verlangsamen das Färben, um eine gleichmäßigeres Ergebnis zu bekommen. (Die Liste bietet hier 20 Varianten an)
  • Färbebeschleuniger: ermöglicht das Färben bei niedrigeren Temperaturen.
  • Lauffaltenverhinderer: Zur Verhinderung von Lauf- und Liegefalten beim Färben und der Verarbeitung. (Das ist noch nicht Bügelfrei-Chemie, die kommt später.)
  • Antimigriermittel/Klotzhilfsmittel: Hilft auch für besonders gleichmäßiges Färben.
  • Nachtbehandlungsmittel: zur Echtheitsverbesserung und Fixiermittel der Farbe.
  • Oxidationsmittel: Für Färbungen, die mit Sauerstoff reagieren.
  • Reduktionsmittel: zum Reinigen und entfernen von Peroxiden und anderen Bleichmitteln, zum entfernen von Farbe und für Ätzdrucke.
  • Reservierungsmittel: Zur Nachbehandlung von Säurefarben.
  • Aufhellungs- und Abziehmittel: Für bestimmte Farbeffekte.
  • PH-Regulatoren, Säure- und Alkalispender: Schützt die Farbe und hält die Qualität.

Ausrüstungsmittel:

  • Mittel zur Verbesserung des Knitterverhaltens: Für extra leichtes Bügeln.
  • Katalysatoren für die Knitterfrei-mittel: Für ganz Bügel-faule.
  • Griffgebende Mittel: Dazu gehören Weichmacher, Steifmacher, Volumengeber, Mittel die die Vernähbarkeit verbessern. Silikone, die verhindern, das die Gewebefäden verschieben, Mittel die die Elastizität erhalten, und noch ein paar mehr. Die Liste hat 47 Produkte zur Auswahl.
  • Antielektrostatiker: Damit sich die Textilien nicht statisch aufladen.
  • Avivagemittel: verbessert den Glanz und die Weichheit, verbessert die Vernähbarkeit.
  • Glatzausrüstungsmittel: Mittel die wiederum den Glanz erhöhen und sogar die typischen Seidengeräusche erzeugen können.
  • Maschenfestmittel und Anti-snag-mittel: Hilfsmittel für Naht- und Maschenfestigkeit. Auch als Binder für Pigmentfärbungen und Pigmentdruck.
  • Hydrophobier- und Oleophobiermittel: Für Wasser und Öl abweisende Eigenschaften.
  • Mittel zur leichteren Schmutzauswaschbarkeit: Versiegelt Oberflächen und Fasern, damit der Schmutz nicht eindringen kann.
  • Flammschutzmittel: Sie kommen nicht nur bei Wohntextilien oder Technischen Textilien vor. Auch unsere normale Kleidung wird oft damit behandelt.

Ich bin erst auf Seite 14 bei der Liste. Du siehst, ich könnte noch viel mehr aufzählen.
Wichtig zu sagen ist noch, das nicht jeder Schritt verwerflich und Böse ist. Es ist zwar sehr viel Chemie und vor allem sehr giftige Chemie für Mensch und Umwelt im Einsatz. Einige der Verfahren sind aber mit einfachen, fast natürlichen Mitteln umsetzbar. Die Reißfestigkeit von Garnen kann man ganz leicht mit Wachs verbessern.
Trotzdem ist das meiste auf meiner Liste pures Gift. Und ich habe noch nicht mal die einzelnen Farben aufgezählt.
Wir stehen in der Textilindustrie vor einem Dilemma:
Wir können auf einige der Mittel sicher bequem verzichten. Wir können natürliche Farben einsetzen und mit natürlichen Farbschutzmitteln wie Essig einigermaßen haltbar machen.

Der Verbraucher wünscht sich das sogar. Aber der Verbraucher wünscht vor allem das dabei die selbe Qualität herauskommt, wie bei konventioneller Kleidung. Meine Farben müssen genauso lange halten wie Chemische Farben. Es darf nicht aufwändiger zu bügeln sein. Und wenn es nicht mehr so schön glänzt, wie an dem Tag, da man es gekauft hat, stimmt was mit der Qualität nicht.

Bunt gefärbte Stoffe, © pixabay.com

Wer wirklich echte Bioqualität anzieht, stellt fest, das es sich anders anfühlt. Oft ist Biobaumwolle ein wenig weicher, da es weniger Chemie und weniger Farbe enthält. Dafür braucht es mehr Pflege. Bügeln tut Baumwolle gut und erhält den Glanz. Zu heißes oder zu häufiges Waschen löst die Farben. Wer das berücksichtigt, hat länger von seiner Kleidung und schont die Umwelt. Allergiker stellen häufig fest, das sich die Atmung verbessert, die Haut braucht weniger Creme.
Ich schreibe das, damit Du weißt, was du kaufst. Was du deiner Haut zumutest oder eben nicht.
Wer vor der Wahl steht, sollte sich der Konsequenzen von beiden Seiten bewusst sein. Pro und Kontra gut abwägen.

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